Der österreichische Fussball: eine Analyse

Werte Leserschaft,

die zwar knappe, aber doch unrühmliche und hinsichtlich einer erfolgreichen Qualifikation für die Fussball EM-Endrunde 2012 eher suboptimale Niederlage des österreichischen Nationalteams gegen Belgien hat uns wieder einmal dramatisch vor Augen geführt, dass es mit der Fussballkultur in unserem kleinen Land nicht weit her ist. Während Kaiser Franz Beckenbauer seit Jahren lächelnd nur von „Schmarrn“ spricht, regiert im Land der Antifussballer das ungebrochene Prinzip Hoffnung: „Das nächste Mal wird alles besser. Immer wieder, immer wieder, immer wieder ÖSTERREICH! CORDOBAAAA!“. Acht Millionen Nationaltrainer haben zwar genauso wenig Ahnung von der Materie wie der aktuelle offizielle Teamchef, aber immerhin reden sie darüber und lassen sich die gute Laune nicht von kritischen Stimmen kaputt machen, die behaupten, Österreich hätte zwar guten Kaffee, aber die Stadien könnte man sinnvoller nutzen: zum Beispiel für große, massenwirksame TV-Shop-Präsentationen oder als Parteitagsgelände der FPÖ.

Tja. „Österreichs Fussball steckt in einer Krise!“. Die meisten meiner Leser werden mit diesem Bewusstsein aufgewachsen sein. Ich jedenfalls höre seit den Anfängen meines Bewusstseins nichts anderes. Cordoba 1978, ewige Wixvorlage des eingefleischten österreichischen Fussballfans, ist halt doch schon ein ziemlich abgelutschter Mythos, auch wenn vor Pflichtspielen, speziell gegen unseren Lieblingsgegner Deutschland, diverse Kartenleger, Astrologen, Politiker, Kirchenfürste und Hooliganvereinigungen den Geist von Argentinien heraufbeschwören, der aber wohl entweder besoffen, längst tot oder mit Maradonna und seinem Gespür für Schnee beschäftigt ist.

Als Patriot warne ich jedoch davor, alles schlecht zu reden. Denn es ist ja schon alles so schlecht, dass es kaum noch schlechter geht. Trotzdem möchte ich eine Lanze für unsere elf rasenfressenden Statisten brechen, die man in schicke rot-weisse Fussballerkostüme gesteckt hat: es ist seit 20 Jahren immerhin ein junges Team und sie bemühen sich noch viel länger ganz redlich. Sie laufen(!) am Spielfeld, berühren dann und wann schüchtern den Ball, entschuldigen sich höflich, wenn der Fehlpass beim Gegner mal nicht ankommt oder das Eigentor zu unspektaktulär war und bringen ihren Unmut bei einem Gegentor immerhin theatralisch und mit mitleiderregender Mimik zum Ausdruck. Das große Stolpern gewinnt an Ästhetik, denn auch die Körpersprache macht gute Fortschritte: nur wenige hochbezahlte Profisportler setzen hängende Schultern und gesenkte Köpfe so publikumswirksam ein, wie unsere Kicker. Alles in allem, wie ich finde, ein durchaus ambitionierter Anfang auf dem Weg zur absoluten Weltspitze, die wir momentan in Form von beispielsweise Liechtenstein und Andorra quasi greifbar vor der Haustür haben.

Zum Schluss ein Ausblick in die Zukunft. ÖFB, quo vadis? Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zur EM nach Polen – außer das Präsidium bekommt Freikarten von der UEFA zur Verfügung gestellt. Ansonsten schwebt mir persönlich ein ganz anderer, wunderbarer Verwendungszweck für das Praterstadion vor: Christo möge es für alle Zeiten verhüllen. Das ist sicher nicht nur schön anzusehen und bringt das österreichische Kulturempfinden auf den Punkt, sondern würde zudem den Tourismus ankurbeln. Oder wir vermieten die Stadien an japanische Fussballmannschaften auf Sommerfrische in Österreich: 2 Wochen mal keine verstrahlte, dafür von glorreicher Fussballgeschichte geschwängerte Luft schnüffeln.

Constantini schicken wir, wie seinen Vorgänger auch, in die Wüste. Nach diversen Revolutionen werden Fachkräfte in diesen Gefilden gebraucht.

Und wenn wir wirklich mal sportliche Bestätigung unserer Volksseele brauchen, schauen wir Ski. Oder?

 

 

 

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