Der Flaschengeist. Wunsch #2
Ich erwache am frühen Morgen. Die Mittags-ZIB hat gerade begonnen. Zart äugeln frühsommerliche Sonnenstrahlen durch die Außenraffstore meiner Terrassentüre. Mein trockener Mund verlangt nach einem Schluck Wasser. Die Zunge reibt noch intensives Odeur nach Hopfen, Malz und Hummus gegen den Gaumen. Auf meinem Weg zum Kühlschrank, fast nur schemenhaft zwischen den verklebten Lidern wahrnehmbar, entdecke ich sie: Die grüne Dose mit dem Trottelgeist thront am Fensterbrett. Nebelige Erinnerungsvorhänge fallen langsam und geben meinem konfusen Geiste preis, was gestern vorgefallen. Ein erschrockener Blick auf meine Zehen: Ich sehe sie nicht! Eine ausgeprägte Wampe hängt mir bis zu den Knien herunter.
„Dieser dreimal verf… Trottelflaschendosengeist!“, schreie ich. Blanke Wut steigt mir den feisten Stiernacken hoch. Da schrillt aus der Dose eine laute Sirene und bohrt sich durch mein verkatertes Innenohr in jede einzelne Windung des vom Alkohol noch immer zart betäubten Großhirns. Die Dose schillert in allen erdenklichen Grüns, die das Universum einst der Welt geschenkt. Und schon schwurbelt dichter Rauch vor meinem Gesichtsfelde, zerreißt mit Vehemenz die schöne Blase, die mein dröges Ich um mich herum entsonnen, um die Wirklichkeit zu fliehen.
„Jaaaaaaa, jetzt isser wieder wach, mein kleiner Trottel!“, blafft mir der Dosengeist frisch und munter entgegen. Beide Hände stemme ich gegen die Schläfen, um das Köpfchen vorm Auseinanderfallen zu bewahren.
„Gusch, du unseliger Geist, ich bin immer noch verkatert wie ein russischer Radierer!“.
„Hihihi, na gestern hast es dir auch ordentlich gegeben“, erwidert der widerliche Geist.
„Und du Arsch aus der Dose hast mich reingelegt! Du hast meine alkoholinduzierte Illumination schändlich ausgenutzt! Sowas versteh ich nicht unter einem guten Geist!“
„Wer genau hat gemeint, dass ich gut bin?“, fragt der Geist. Aus seinen Augen funkeln grelle weiße Dreiecke, die Stirn taucht sich für einen Augenblick in dunklen Nebel.
„Na gut. Aber zeig‘ trotzdem bissl Respekt und hör‘ bitte auf, mich Trottel zu nennen!“
„Kann ich nicht versprechen!“
„Jetzt zu meinem zweiten Wunsch. Ich habe deren noch drei!“
„Stimmt, mein kleiner, total fetter Trottel! Also, sage er an!“
„Ich möchte- und jetzt höre gut zu, Geist – einer der größten Schriftsteller im deutschsprachigen Raum werden!“
„Ok. Gemacht. Funzimunzi-pfischigoggerl, rabadawummmm!“, schreit der Geist, und umschreibt mit einem Zauberstab seinen grünen Zylinder. Ein Lichtblitz durchfährt meine Wohnung, im Hintergrund spielt sekundenlang gefällige Fahrstuhlmusik.
„Also“, sage ich. „Geschafft?“
„Geschafft!“ Der Geist kichert.
„Da ist doch sicher wieder irgendeine Schweinerei passiert, oder?“, frage ich misstrauisch. „Wo sind die Bestseller, die ich geschrieben habe?“
„Keine Ahnung. Du Trottel hast Beststeller geschrieben?“, antwortet der Geist.
„Naja ich denk schon. Ich bin ja jetzt einer der größten Schriftsteller im deutschsprachigen Raum. Das habe ich mir doch gewünscht! Also muss ich auch Bücher geschrieben haben!“, insistiere ich.
„Möglich. Ich weiß nix davon. Ich hab dich drei Zentimeter wachsen lassen. Jetzt bist du 178cm groß. Damit bist du, durchschnittlich gesehen, unter den größten Schriftstellern im deutschsprachigen Raum“
„Aber, ich muss doch schreiben! Gute Bücher schreiben!“, schreie ich aufgeregt.
„Ja, mach halt. Groß genug fürs Stehtischerl bei Franzis Kindermoden bist jetzt schon mal…in dieses Schriftstellerdingens kannst sicher langsam reinwachsen….“
Mir wird schwindelig.
Zwei Wünsche noch…
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