Angry Kid

Ich beginne meine heutige Glosse mit einer simplen Aufstellung:

30 = 30 x 10  = Stoffviech.

Stimmt so natürlich nicht, aber beim Billa gibt’s für je 30 Treuepunkte jetzt diese runden Plüschvögel:

30 (Treuepunkte) = 30 (Einkäufe zu je) x 10 (Euro) = Stoffvogerl.

Ein „Angry Bird“ kostet Mama oder Papa also – den vernachlässigbaren Warenwert einmal außen vor gelassen – 300 Euro, machen wir uns da nichts vor. Das wäre umgerechnet schon mindestens ein neuer Sportwagen für Barbie und Ken. Oder zwei Paar neue Schuhe für Mama. Oder diese schellackpolierte Dunhillpfeife für Papa. Aber nix da: Es muss ein Vogel sein.

Billa in der Wattgasse, Samstag, 15:45:

Ich erledige meine Wochenendeinkäufe – Tiefkühlpizza von spanischen Bio-Plantagen, Bier aus den feinsten Reben dieser Erde – und werde Zeuge einer Rumpelstilzchenszene an der Kassa:

„Kevin, es tut mir leid, wir haben nur 7 Treuepunkte“, sagt die Mami zum rot angelaufenen, wie am Spieß plärrenden, etwa vierjährigen Junior.

„Ich wiiiiill awaaaaaaa!“

„Ich habs dir jetzt schon dreimal gesagt, wir haben zu wenig Punkte“.

Ein Aufschrei, ein Wasserfall, schrilles, markerschütterndes Plärren.

„Aber ich will so einen Vogel Mama! Jetzt, sofort!“

„Das nächste Mal dann und jetzt beruhig dich bitte“

„Neiiiin, jeeeetzt!! Mamaaaaaa!!“. Kevin turnt am Kassenband. Es hilft nichts: zu wenig Punkte.

Eine ältere Dame hat Mitleid und kramt ihre Kundenkarte hervor: 3 Punkte.

Der Obdachlose hinter ihr: 9 Punkte.

Ich: Keine. So schlecht habe ich mich in meinem Leben noch nie gefühlt.

Gemeinsam sind wir zwar mehr, haben aber trotzdem nur 19 Punkte. Jetzt ist guter Rat teuer. Im Endeffekt ist es dann der Vogel. Denn die Differenz von elf Punkten erstatte ich in bar. Ich kann kleine Kinder einfach nicht weinen sehen. Die 110 Euro waren es mir wert. Und die Welt hat ein „angry kid“ weniger. Vermutlich ist dem jungen Mann das Plüschviech aber morgen eh schon wieder zu blöd …