Neujahrsvorsätze
Ein Jahreswechsel bietet traditionell die Option, seinen eigenen Lebenswandel einmal grundsätzlich zu überdenken. Die Klassiker unter sogenannten Neujahrsvorsätzen sind dem geneigten Leser wohl bekannt: Mit dem Rauchen aufhören, weniger und gesünder essen, den Alkoholkonsum herunterschrauben und die wöchentlichen Bordellbesuche auf ein für die Lebenspartnerin akzeptables Maß reduzieren. Werte Leserschaft, auch Ihr nichtswerter Chronist ist über die Festtage in sich gegangen und hat weitreichende Konsequenzen für sein Dasein im Jahre 2013 beschlossen. Diese möchte ich Ihnen an dieser Stelle keineswegs vorenthalten, bieten sie doch praktische Anhaltspunkte zur Lebensführung für jedermann. Mein in nur wenigen Tagen erfolgter Übergang zu einem besseren Menschen sei im Folgenden dargelegt:
1. Jänner 2013
Die Sache mit der Raucherei habe ich ab nun fest im Griff. Um mein von Gesundheitsaposteln, kettenrauchenden Lungenfachärzten und anderen Idioten eingeredetes schlechtes Gewissen nicht noch mehr zu belasten, klebe ich ab sofort die Warnhinweise auf den Zigarettenpackungen geflissentlich mit Gafferband ab. Dies versetzt mich in die Lage, fürderhin mehr und stärkere Zigaretten rauchen zu können denn je zuvor. Die dreistündige Abstinenz vom Glimmstängel am Silvesterabend ist endgültig vergessen (ebenso der klägliche Versuch meines Trafikanten, sich am Laternenmast vor der Alsbachprinzessin aufzuhängen, nachdem er im ZIB Flash von meiner Rauchpause erfahren hatte). Die zwei Tschickautomaten in meiner Wohnung werden wieder in Betrieb genommen. Dies wird meinen monatlichen Umsatz steigern um mir folglich noch mehr Zigaretten und Gafferband kaufen zu können. Den vierteljährlichen Tabaksteuerbescheiden sehe ich ab sofort gelassen entgegen: ich überklebe sie mit Gafferband. Überhaupt werde ich im neuen Jahr Gafferband LKW-weise verbrauchen. Eine ganz hervorragende Figur macht es auf Blutbefunden (hat sich sofort in die Sektion „Triglyzeride/Cholesterin“ verliebt). Überdies lässt sich im Anlassfall eine immer größer werdende Wampe vorteilshaft und ohne figürliche Einbußen um die Hüfte schnüren.
2. Jänner 2013
Drastische Ernährungsumstellung beschlossen. Die XXL-Cordon-Bleu in der Alsbachprinzessin werden nicht mehr mit Grammelknödeln oder einem halben Spanferkel, sondern wieder traditionell mit einem halben Kilo Bauchspeck und einem Block Gouda gefüllt. Die Salatgarnitur wird nicht mehr zurückgeschickt sondern erst gar nicht mitbestellt. Diese Verschwendung an Nahrungsmitteln muss aufhören. Man muss sich ja von Grund auf schämen, wenn man diese bedrückenden Berichte von verhungernden Kleinkindern in Afrika zu Gesicht bekommt und dann selbst lebt wie die Made im Speck. Zudem sehe ich ein, dass 9 Krügerl an einem Abend zu viel sind. Ich steige auf Seideln um und trinke deren maximal 16. Besuche beim Schachtelwirt gibt es nur an ungeraden Tagen, an geraden Tagen nur im besoffenen Zustand ab 1h morgens und mit einer Nelke im Knopfloch. Die Ernährungsinformationen auf den kleinen Burgerschächtelchen werden mit Gafferband überklebt.
3. Jänner 2013
Ich brauche längeren und gesünderen Schlaf. Mein Chef wird lernen müssen, wie unzumutbar es für einen hart arbeitenden Menschen wie mich ist, schon um halb elf im Büro erscheinen zu müssen, um dann erst um 14h heimgehen zu können. Überhaupt werde ich in der Firma einmal auf den 150-Jahre alten Biedermeiertisch mit Perlmuttapplikationen hauen müssen: Die Louis-XV-Arbeitscouch in meinem spartanisch ausgestatteten 300m²-Büro hat Champagnerflecken und gehört dringend ausgetauscht (notfalls stelle ich Gafferband zum Überkleben). Meine 23-jährige Privatsekretärin, eine nymphomanische Ex-Miss-Liechtenstein, kommt langsam aber sicher in die Jahre und muss dringend durch ein jüngeres Modell ersetzt werden. Außerdem erwartet sie ein Kind von mir. Der 7er-BMW, der mir als Dienstwagen gestellt wurde, passt nicht ins Vorzimmer meines Penthouse am Graben, weil der Diensthubschrauber zu weit aus dem Vorraum mit meiner Ming-Vasensammlung ragt (Memo an mich: Innenarchitekt ermorden). Ich gehe zur Gewerkschaft oder zur Arbeiterkammer. Arbeitsbedingungen wie im Archipel Gulag! Das weckt meinen unternehmerischen Geist, und nehme kurzentschlossen einen größeren Geldbetrag bei einem albanischen Kredithai auf der Thaliastraße in Empfang, den ich für wirtschaftsfördernde Maßnahmen investieren werde.
4. Jänner 2013
Ich habe, dank der finanziellen Potenz des Albaners, Anteile an der zweitgrößten Gafferbandmanufaktur in Hernals erworben und mich gleich in die Herzen der Belegschaft vorgearbeitet: Gafferband für alle als monatlich auszuhändigende Prämie. Dafür wird das 13. und 14. Monatsgehalt gestrichen. Eine Maßnahme die seitens der Fachgruppe „Gaffer Tape“ in der Wiener Wirtschaftskammer mehrheitlich begrüßt wird. Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s uns allen gut! Den Betriebsrat mit seinen elendigen und wirtschaftshemmenden Einwänden habe ich kurzerhand mit Gafferband überklebt.
3. März 2013 (Vorgriff)
Ich erwache, mit Gafferband an mein Bett gefesselt, weil ich, völlig euphorisiert durch die vielen positiven Veränderungen in meinem Leben, vergessen habe, dem albanischen Kredithai auf der Thaliastraße die erste Rate zu zahlen. Ich stelle jedoch beruhigt fest, dass das kunstvoll um meine Fuß- und Handgelenke geschwungene Gafferband, das mir bis auf die Knochen schneidet, aus eigener Produktion stammt. Der zuvorkommende Mitarbeiter des Albaners („Zwickel, nix sein was Persönliches, hast du gehört?“) stolpert mit seiner schweren Kettensäge über die Füße des von mir ermordeten Innenarchitekten und bricht sich das Genick. Die im Wandschrank verborgene Ex-Miss-Liechtenstein stürmt in schwarzem Umstandskampfanzug an mein Bett, übergießt mich mit Benzin und zündet die Sprenggranate in ihrem flachbrüstigen Hungerhaken-Dekolleté. Sie war nach ihrer Entlassung in das neu geschaffene Berufsheer eingetreten.
Ich überklebe mein ereignisloses Leben mit Gafferband und schlafe wieder ein. Ich muss einfach ruhiger und gelassener werden. Das nehme ich mir für 2014 fest vor.
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